Agrarpolitik ist eine Bedrohung für unsere Bodenbrüter

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz und von Nos Oiseaux vom 8. Juli 2013

Das Braunkehlchen droht zu verschwinden, die Äcker und Felder zu verstummen, wenn die Agrarpolitik 2014 - 2017 nicht konsequent auf konkrete Leistungen für die Natur und die Allgemeinheit ausgerichtet wird. Das ist das Resultat einer wissenschaftlichen Studie, die soeben publiziert wurde.

Viele Vögel des Landwirtschaftsgebietes haben in den letzten Jahrzehnten stark im Bestand abgenommen. Dramatisch ist die Situation für die Bodenbrüter. Zur Erhaltung des gefährdeten Braunkehlchens lancierte der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz 2004 gemeinsam mit Landwirten ein Artenförderungsprojekt im Freiburgischen Intyamon. Seither haben die Landwirte viele Ökoflächen angelegt. Aufgrund der falschen agrarpolitischen Anreize liegen diese aber nicht am richtigen Ort. Das Braunkehlchen nutzt nämlich den Talboden als Brutgebiet, dort sind die Ökoflächen aber wirtschaftlich nicht attraktiv. Statt Blumenwiesen findet das Braunkehlchen dort mehr und mehr Futtermais vor – deshalb ist es im Intyamon akut bedroht, folgert eine mehrjährige Studie welche in der Zeitschrift „Nos Oiseaux“ erschienen ist.

Die Anreize der Agrarpolitik waren in den letzten Jahren sehr stark auf eine intensiv produzierende Landwirtschaft ausgerichtet, während die Biodiversität hingegen stark abgenommen hat. Diesen Missstand hat der Bundesrat erkannt und in seiner Botschaft zur Agrarpolitik 2014-2017 eine Ausrichtung der Direktzahlungen auf Leistungen zugunsten der Allgemeinheit gefordert, was der SVS/BirdLife Schweiz grundsätzlich begrüsst. Leider ist es den Lobbyisten einer industrialisierten Landwirtschaft jedoch gelungen, diese dringend nötigen Verbesserungen im Entwurf zu den Verordnungen zu verwässern. Um eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Landwirtschaft zu fördern, müssen die Verordnungen und die Mittel auf Leistungen für die Allgemeinheit – wie unter anderem die Bewahrung der Artenvielfalt und der Natur – ausgerichtet werden. Dies erfordert noch wichtige Korrekturen, die der SVS/BirdLife Schweiz im Rahmen der Anhörung der Ausführungsbestimmungen zur Agrarpolitik 2014-2017 beantragt hat. Ein Referendum gegen die AP 14-17 lehnt der SVS/BirdLife Schweiz klar ab.
  

Das Braunkehlchen

Das Braunkehlchen ist ein 12cm langer Zugvogel, der in Afrika überwintert, und in der Schweiz in blumenreichen Wiesen brütet. Es hat von der traditionellen Landwirtschaft stark profitiert und ist sogar auf eine landwirtschaftliche Nutzung angewiesen. In der heutigen industrialisierten Landwirtschaft hingegen ergeht es ihm schlecht. Moderne Maschinen mähen grosse Wiesenflächen auf einmal und in kürzester Zeit. Ohne Schutzmassnahmen hat das Braunkehlchen kaum eine Chance, weil sein am Boden gebautes Nest zerstört wird. Eier oder Jungvögel überleben das nicht und oftmals kommt sogar das brütende Weibchen ums Leben. Das Braunkehlchen steht deshalb auf der Roten Liste.

Damit das Braunkehlchen und andere Bodenbrüter nicht gänzlich aus der Schweiz verschwinden, braucht es Ökoflächen mit hohem Wert für die Natur (Qualität) am richtigen Ort. Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz setzt sich für die richtigen agrarpolitischen Anreize ein.

 


Pressebilder

Als Bodenbrüter braucht das Braunkehlchen blumenreiche Wiesen die spät geschnitten werden.

Foto: Michael Gerber

Das Bild darf nur im Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden.


In intensiv genutzten Wiesen hat das Braunkehlchen keine Chance erfolgreich zu Brüten – dies brütende Weibchen überlebte die Mahd nicht.

Foto: Heidi Schuler, Schweizerische Vogelwarte Sempach

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78% der Direktzahlungen wurden 2011 als allgemeine, pauschale Beiträge ausgerichtet, lediglich 7.3% für Ökoflächen. Die Agrarpolitik 2014-2017 bringt bezüglich der Differenzierung der Direktzahlungen eine Verbesserung – die Anreize werden eher in Richtung einer umweltfreundlicheren Produktion gesetzt. Damit das Braunkehlchen eine Chance hat, braucht es allerdings noch verstärkte Anreize für eine ökologisch produzierende Landwirtschaft.

Grafik: Bundesamt für Landwirtschaft, 2012

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Weitere Informationen

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gerne:

  • Pascal König, Projektleiter Landwirtschaft SVS/BirdLife Schweiz, Tel. 044 457 70 26
  • Jérôme Gremaud, Biologe, ÖkoBüro, Projektverantwortlicher, Tel. 026 565 21 46, jerome.gremaud@websud.ch