Globale Rote Liste 2015 erschienen: Auch die Turteltaube ist neu weltweit gefährdet

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom Donnerstag, 29.10.2015

Die globale Rote Liste der Vögel zeigt, welche Arten weltweit gefährdet sind oder kurz vor dem Aussterben stehen. Seit 2014 mussten insgesamt 40 Arten neu aufgenommen oder eine Stufe höher eingeteilt werden. 23 Arten konnten in eine bessere Stufe eingeteilt werden. Auf der weltweiten Roten Liste stehen auch Arten, die in der Schweiz vorkommen – so die Turteltaube oder die Tafelente. BirdLife appelliert an die Staaten, ihre Verantwortung wahrzunehmen und geeignete Schutzprogramme auszuarbeiten.

Turteltauben gelten als Symbol der Liebe und des Glücks. Die kleinen gurrenden Tauben erscheinen seit Jahrtausenden auf Bildern und in Erzählungen, und umgangssprachlich sagt man, verliebte Menschen „turtelten“ miteinander. Doch selber haben die Turteltauben derzeit wenig Glück: Sie werden immer seltener und haben weltweit 30 Prozent ihres Bestandes verloren – in nur 16 Jahren. Daher gilt die Art nun als weltweit gefährdet, wie die neuste globale Rote Liste der Vögel 2015 zeigt. Diese wird heute Donnerstag von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) und von BirdLife International veröffentlicht.

Nicht nur Turteltauben erfahren derzeit wenig Liebe und Glück – auch 39 weitere Arten mussten in die globale Rote Liste aufgenommen oder in eine höhere Kategorie eingestuft werden. Dies bedeutet, dass die Gefahr des Aussterbens für diese Arten in den letzten Jahren weiter gestiegen ist. Betroffen sind viele Geier-Arten, aber auch Watvögel oder ganz spezielle Vögel wie der Schildhornvogel und zwei Arten von Darwinfinken (siehe Liste (Word-File)).

Insgesamt stehen nun 1519 Arten oder rund 15% aller Vogelarten auf der globalen Roten Liste (siehe Kasten). Davon sind 217 Arten vom Aussterben bedroht, 417 stark gefährdet und 741 gefährdet. Noch nicht eingerechnet sind die 9%, die auf der Vorwarnliste („potenziell gefährdet“) stehen.

Auch einheimische Vögel sind weltweit gefährdet

Auch der Status einiger Vogelarten, die in der Schweiz regelmässig vorkommen, hat sich verschlechtert. Bei den Brutvögeln sind dies Turteltaube und Tafelente (beide neu weltweit gefährdet) sowie Wiesenpieper, Kiebitz und Eiderente (neu potenziell gefährdet). Hinzu kommen sechs Arten, die in der Schweiz nur als Durchzügler oder Wintergäste vorkommen. Insgesamt stehen nun 6 einheimische Arten auf der weltweiten Roten Liste und weitere 15 stehen auf der Vorwarnliste (siehe Kasten).

Afrikas Geier in grosser Gefahr

Eine besonders schwierige Zukunft steht den Geiern Afrikas bevor. 6 der 11 Geierarten des Kontinents mussten in der neuen Roten Liste in eine höhere Kategorie eingestuft werden. So gilt der Kappengeier nun als vom Aussterben bedroht. Gleiches gilt auch für den Weissrückengeier, den Wollkopfgeier oder den Sperbergeier. Gründe dafür sind der Habitatverlust, aber auch gezielte Vergiftungen oder Abschüsse. Zudem werden die Körperteile in der traditionellen Medizin gebraucht. Ein Problem ist auch die Verwendung des Wirkstoffs Diclofenac in der Tiermedizin: Fressen die Geier von Kadavern von behandelten Nutztieren, sterben sie.

Dr. Julius Arinaitwe, der Direktor des Afrika-Programmes von BirdLife International, sagt: „Mit dem Niedergang der Geier wird Afrika seiner berühmtesten und spektakulärsten Vögel beraubt. Doch der Rückgang hat auch direkte Auswirkungen auf den Menschen, weil die Geier durch die Säuberung von Aas mithelfen, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.“ Jetzt, wo das Ausmass der Rückgänge bekannt sei, sei es dringend, Massnahmen gegen das Geiersterben in Afrika zu treffen, ergänzt er. „Noch gibt es Zeit dafür, und es sind alle gefordert: Naturschützer und Gesetzgeber, Regierungsbehörden und Menschen vor Ort.“ Nur so könne es eine Zukunft geben für die Geier in Afrika. BirdLife International hat für Afrikas Geier ein 10-Jahres-Programm gestartet.

23 Arten geht es besser

Die gute Nachricht ist, dass mit der neuen Roten Liste weltweit 23 Arten in eine weniger hohe Kategorie eingestuft werden konnten. In einigen Fällen geschieht dieses „Downgrading“, weil die Vorkommen der Arten heute besser bekannt sind als noch vor einem Jahr. Teilweise sind die Arten aber auch weniger stark gefährdet, weil Schutzmassnahmen anliefen und Erfolg zeigen – so etwa beim Seychellen-Rohrsänger oder beim Chathamsturmvogel.

Die Rote Listeist die weltweit wichtigste und umfassendste Informationsquelle über den Erhaltungszustand der Pflanzen- und Tierarten. Es gibt globale Roten Listen, Europäische Listen und nationale Listen. Steht eine Art auf der globalen Liste, ist ihr Bestand weltweit gefährdet.

Die weltweite Rote Liste der Vögel wird jedes Jahr von BirdLife International im Auftrag der IUCN erarbeitet. Sie basiert auf einem objektiven, wissenschaftlich fundierten System.
  

Globale Rote Liste

Von den weltweit 10'424 Vogelarten stehen knapp 15% (1519 Arten) auf der globalen Roten Liste. Davon sind 144 Arten bereits ausgestorben, 217 vom Aussterben bedroht, 417 stark gefährdet und 741 gefährdet. Neben den 15% Rote-Liste-Arten stehen weitere 9% (971 Arten) auf der Vorwarnliste (potenziell gefährdet).

Von den 283 Vogelarten, die regelmässig in der Schweiz vorkommen, stehen folgende Arten auf der globalen Roten Liste (nicht zu verwechseln mit der Roten Liste der Brutvögel der Schweiz):

  • Gefährdet: Samtente, Seggenrohrsänger, Eisente. Neu 2015: Ohrentaucher, Turteltaube, Tafelente
  • Potenziell gefährdet (Vorwarnliste): Steinhuhn, Moorente, Rotfussfalke, Bartgeier, Uferschnepfe, Rotmilan, Grosser Brachvogel. Neu 2015: Wiesenpieper, Rotdrossel, Kiebitz, Knutt, Sichelstrandläufer, Pfuhlschnepfe, Eiderente, Austernfischer

 

Die Turteltaube

Die Turteltaube ist rostbraun gefärbt und vor allem durch ihr charakteristisches Gurren bekannt. Sie ist nicht zu verwechseln mit der ebenfalls braun gefärbten Türkentaube, die im Siedlungsraum lebt.

Die Turteltaube brütet fast in ganz Europa ausser in Skandinavien, aber auch in Nordafrika und Vorderasien und bis Kasachstan. In der Schweiz besiedelt sie Teile des Mittellandes und des Juras sowie das Wallis und das Tessin. Sie kommt in diversen Wald- und Kulturland-Typen, Steppen und Halbwüsten vor und ernährt sich hauptsächlich von Samen. Der globale Bestand ging allein in den letzten 16 Jahren um 30 Prozent zurück; in der Schweiz nahm der Brutbestand gemäss Zahlen der Vogelwarte Sempach seit den Neunzigerjahren um 25 Prozent ab.

Gründe für den Rückgang sind Lebensraumverschlechterungen im Landwirtschaftsland, aber auch die exzessive Jagd auf die Turteltaube im Mittelmeerraum und in anderen Ländern.

 

Gefährdete Geier

Weitere Informationen zu den gefährdeten Arten auf Englisch: Medienmitteilung BirdLife International (Word-File)

Informationen zur Geier-Kampagne von BirdLife International: www.birdlife.org/save-africas-vultures

 

Seychellen-Rohrsänger, Chathamsturmvogel & Co.: Erfolgsstories im globalen Vogelschutz

Weitere Informationen auf Englisch: Medienmitteilung BirdLife International (Word-File)

 

BirdLife Schweiz

Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz hat 63'000 Mitglieder und ist der Dachverband von 20 Kantonalverbänden und 450 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Website: www.birdlife.ch

 

BirdLife International

BirdLife International ist der weltweit grösse Naturschutzverband mit 2,77 Millionen Mitgliedern und 10,8 Millionen Gönnern. Die BirdLife-Partner in 120 Ländern arbeiten gemeinsam mit einer bis 2020 geltenden Strategie auf den Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume hin. Sie betreuen 1553 Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 4,3 Millionen Hektaren. Weltweit hat BirdLife rund 12'000 Important Bird and Biodiversity Areas (IBA) ausgeschieden. Der SVS/BirdLife Schweiz ist Gründungsmitglied von BirdLife International und gehört weltweit zu den zehn grössten BirdLife-Partnern.  Website: www.birdlife.org

 


Weitere Informationen

 


Bilder

Die Turteltaube gilt nun als weltweit gefährdet.

© Glyn Sellors

Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden!


Der Weissrückegeier gilt nun als vom Aussterben bedroht.

© Andy and Gill Swash (World Wildlife Image)

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Steht kurz vor dem Aussterben: der Schwalbensittich.

© Peregrine Rowse/BirdLife

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Viele weitere Bilder finden Sie hier: http://bit.ly/1hWdrhh
   


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Weitere Auskünfte

Stefan Bachmann, BirdLife Schweiz, Tel. 044 457 70 23, stefan.bachmann@birdlife.ch