Turmfalke © Michael Gerber

Vogel des Jahres 2008: Turmfalke

Der Turmfalke, Vogel des Jahres 2008 von BirdLife Schweiz, ist wahrscheinlich der am häufigsten vorkommende Falke der Welt. Trotzdem steht er in der Schweiz auf der Liste der potenziell gefährdeten Vogelarten. Seit den 1960er-Jahren ist der kleine Falke, der in offenen Landschaften, an Waldrändern aber auch in Städten brütet, wesentlich seltener geworden. Der Grund für diesen Rückgang liegt hauptsächlich in der Intensivierung der Landwirtschaft, welche den Turmfalken nicht nur seiner Beute, sondern auch seiner Brutplätze beraubt. BirdLife Schweiz setzt sich für den ökologischen Ausgleich und damit für eine Extensivierung der Landwirtschaft ein.
  

 

Der Turmfalke ist rund 35 Zentimeter gross und gehört damit zu den kleinen Falken. Seine Spannweite beträgt 75 Zentimeter. Im Flug sind die Vögel an ihren langen spitzen Flügeln zu erkennen und natürlich an ihrem charakteristischen Rüttelflug.

Männchen und Weibchen unterscheiden sich optisch. Männchen haben einen hellgrauen Kopf und einen rotbraunen Rücken mit kleinen dunklen Flecken. Der Schwanz ist ebenfalls hellblaugrau mit einer schwarzen Endbinde. Die Unterseite des Körpers ist gelblich mit Längsstreifen und kleinen dunklen Tropfenflecken. Beim Weibchen dagegen sind Kopf, Rücken und Schwanz rostbraun gefärbt mit dichter dunkler Fleckung und Querbänderung. Seine Körperunterseite ist stärker gefleckt als beim Männchen.

 

Männchen und Weibchen. © Ruedi Aeschlimann

Verbreitung

In der Schweiz kommt der Turmfalke fast überall vor, von den Niederungen bis in die alpine Stufe. Er brütet noch weit über 2000 m, die höchsten Nester wurden oberhalb Grimentz VS auf 2850 m.ü.M. gefunden. Turmfalken sind sehr anpassungsfähige Vögel, die zum Brüten z.B. alte Krähennester, Felsen, Gebäude, Masten oder Nistkästen benutzen.

Brutbiologie

Der Turmfalke ist ein Baum-, Fels- und Gebäudebrüter, häufig brütet er in Nischen oder Halbhöhlen. Gerne nimmt er Baumnester anderer Arten an, vor allem von Mäusebussarden, Rabenkrähen oder Elstern. Oft sind diese am Waldrand, in Feldgehölzen oder einzeln stehenden Bäumen zu finden. In Siedlungen nistet er oft auf herausragenden Bauten wie Kirchtürmen oder auch an hohen Kaminen, nutzt aber auch andere hohe Gebäude. Die Gelegegrösse beträgt normalerweise 4-6 Eier, sie ist jedoch abhängig vom Nahrungsangebot und vom Alter der Brutvögel. Nach 27-32 Tagen, während denen ausschliesslich das Weibchen die Eier bebrütet, schlüpfen die Jungvögel innerhalb von 3-5 Tagen. Nach ca. 4 Wochen im Nest nehmen die Jungen selbstständig Nahrung auf. Zu Beginn beschränken sie sich dabei hauptsächlich auf Insekten. Erst nach mindestens 4 weiteren Wochen sind die jungen Falken dann völlig selbstständig.


Eier © René Roth


Nestlinge © René Roth


Kurz vor dem Ausflug. © Ruedi Aeschlimann

Gefährdung und Schutz

Hauptursache für den Rückgang des Turmfalken ist die Intensivierung und Technisierung der Landwirtschaft. Dabei entscheidend waren in der Vergangenheit direkte und indirekte Auswirkungen von Bioziden oder von quecksilberhaltigen Saatgut-Beizmitteln, welche in Afrika, wo ein Teil der Turmfalken überwintert, zum Teil nach wie vor verwendet werden.
Die Umwandlung von kleinparzelligen, abwechslungsreichen Anbauflächen in grossflächige Ackersteppen, Bodenverdichtung und starke Beweidung haben zu einem erheblichen Einbruch in den Beständen von Feldmäusen und anderen Arten geführt. Des weiteren verlor der Turmfalke durch das Ausräumen der Landschaft, insbesondere das Abholzen von Feldgehölzen, Feldhecken und Altholzbeständen, die Nistmöglichkeiten. Die Zersiedelung der Landschaft führt zu einem zusätzlichen Lebensraumverlust.

Schutz von Lebensräumen

Die Extensivierung der Landwirtschaft und die Förderung von Kleinstrukturen wie Hecken und Einzelbäume ist daher entscheidend für das Überleben des Turmfalken. Die Massnahmen des ökologischen Ausgleichs, wie zum Beispiel die Anlage von Buntbrachen und extensiv genutzten Wiesen führen zu einer höheren Dichte bei Kleinsäugern und Grossinsekten, von der auch der Turmfalke profitiert. Deshalb setzt sich der SVS auch für einen zielgerichteten, qualitativ guten ökologischen Ausgleich in der Landwirtschaft ein. Auch mit dem Anbringen von Nistkästen bei Bauernhöfen, Scheunen oder bei Hochbauten in Siedlungen kann dem Turmfalken geholfen werden.

Jagd

In ländlichen Gebieten macht der Turmfalke vor allem Jagd auf kleine Nager (Wühlmäuse und Langschwanzmäuse), daneben auch auf Spitzmäuse, Maulwürfe, Reptilien, Amphibien, Kleinvögel und sogar Insekten. In Städten oder bei Kleinsäugermangel kann der Turmfalke vermehrt auf die Vogeljagd ausweichen.
Besonders charakteristisch für den Turmfalken ist der Rüttelflug: mit schräggestellter Körperachse und gefächertem Schwanz bleibt der Vogel in der Luft stehen. Aus diesem Rüttelflug heraus folgt dann der Stossflug auf die Beute, er kann aber auch von einer Sitzwarte aus erfolgen. Im Gegensatz zum Wanderfalken, der vor allem Vögel im Flug schlägt, erreicht der Turmfalke viel weniger hohe Geschwindigkeiten bei seinem Sturzflug: während der Wanderfalke Spitzengeschwindigkeiten von 200 km/h und mehr erreicht, sind es beim Turmfalken lediglich 50-60 km/h. Der Sturz wird kurz über dem Boden aufgefangen.

Lebensraum

Der Turmfalke zählt als ursprünglicher Felsbewohner zu den wenigen Gewinnern der Urbanisierung. Türme, hohe Häuser und Scheunen haben ihm einen zusätzlichen Lebensraum eröffnet. Da er auch viele andere Lebensraumtypen, vor allem Waldränder, besiedeln kann, ist der Turmfalke in ganz Europa relativ häufig anzutreffen.

Zum Jagen benötigt der Turmfalke jedoch offene Flächen mit niedriger Vegetation mit einem genügend grossen Angebot an Nahrung. Die Umwandlung von kleinparzelligen, abwechslungsreichen Anbauflächen in grossflächige Ackersteppen, Bodenverdichtung und starke Beweidung haben zu einem erheblichen Einbruch in den Beständen von Feldmäusen und anderen Arten geführt. Des weiteren verlor der Turmfalke durch das Ausräumen der Landschaft, insbesondere das Abholzen von Feldgehölzen, Feldhecken und Altholzbeständen, die Nistmöglichkeiten. Die Zersiedelung der Landschaft führt zu einem zusätzlichen Lebensraumverlust.
   


Materialien zum Turmfalken