Im Mittelmeerraum werden jedes Jahr 25 Millionen Vögel illegal getötet

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 20.8.2015

Sie werden abgeschossen oder mit Netzen oder Leimruten gefangen: Rund 25 Millionen Zugvögel werden jedes Jahr in den Ländern rund um das Mittelmeer illegal getötet. Das zeigt der erste umfassende Bericht zu diesem Thema, der nun von BirdLife International veröffentlicht worden ist. BirdLife Schweiz unterstützt seine BirdLife-Partner im Mittelmeerraum im Kampf gegen die Wilderei regelmässig.

Am gefährlichsten leben die Zugvögel in Ägypten: Allein in diesem Land werden pro Jahr rund 5,7 Millionen Vögel getötet. An der unrühmlichen zweiten Stelle steht Italien: Rund 5,6 Millionen Wildvögel müssen in unserem Nachbarland jedes Jahr ihr Leben lassen. Und dies, obwohl in Italien die strengen EU-Vogelschutzgesetze gelten würden. Weitere Länder mit besonders vielen Wilderern sind Syrien, Libanon, Zypern, Griechenland und Frankreich (siehe Liste).

Der BirdLife-Report listet aber nicht nur die absolute Zahl getöteter Vögel pro Land auf, sondern er zeigt auch auf, wie viele Vögel pro Einwohner sowie pro Quadratkilometer gejagt werden. Bezogen auf die Einwohner ist Zypern der absolute „Spitzenreiter“: Hier werden pro 100 Einwohner jedes Jahr 196 Vögel illegal getötet. Bei den Vögeln pro Quadratkilometer liegt hingegen Malta ganz vorne (341 Vögel pro km2).

Die Gründe für die Wilderei sind vielfältig. Die meisten der Vögel werden als Nahrungsquelle genutzt. Viele müssen aber auch einfach ihr Leben lassen, weil die illegale Jagd als „Sport“ oder „Hobby“ ausgeführt wird. An dritter Stelle steht der Handel mit Ziervögeln.

Welche Vogelarten sind betroffen?

Am meisten von der illegalen Jagd betroffen sind gemäss der BirdLife-Studie Buchfinken (2,9, Millionen pro Jahr), Mönchsgrasmücken (1,8 Mio.), Wachteln (1,6 Mio.) und Singdrosseln (1,2 Mio.). Bei den Tauben fallen jährlich rund 700’000 Vögel zum Opfer, bei den Greifvögeln 100’000 und bei den Wasservögeln 1 Million. Nicht verwunderlich also, dass die Wilderei auch auf die europaweiten Bestände einen Einfluss hat. Rund 40 Zugvogelarten, die in Europa einst weit verbreitet waren, nahmen in den letzten Jahrzehnten ab. Meistens sind vermutlich die Lebensraumveränderungen im Brutgebiet der Hauptgrund – die illegale Jagd kann aber ein Mitgrund für diese negative Bilanz sein. Ein Beispiel ist die Turteltaube: Ihr europäischer Bestand sank in den letzten 15 Jahren um 30 Prozent – in einigen Ländern sogar um 90 Prozent. Trotzdem werden noch immer über eine Million Turteltauben pro Jahr abgeschossen. Besonders kritisch ist die Jagd insbesondere bei langlebigen Arten wie den Greifvögeln und bei europaweit gefährdeten Arten.

Für Patricia Zurita, CEO von BirdLife International, ist klar, dass die Zugvögel dringend auf sichere Zugwege angewiesen sind. Sie ruft dazu auf, die bereits laufenden Anstrengungen zur Eindämmung der illegalen Vogeljagd weiter zu verstärken, vor allem in den Regionen mit den grössten Jagd-Aktivitäten.

BirdLife-Partner seit Jahrzehnten aktiv

Die BirdLife-Partner sind seit Jahrzehnten aktiv im Kampf gegen die Wilderer, so etwa in Malta, Zypern, Italien und Frankreich. Diese Arbeit ist jedoch oft schwierig und zermürbend. Zum einen setzt in der Gesellschaft der betroffenen Länder erst allmählich ein Umdenken ein, zum anderen werden die illegalen Machenschaften von der Polizei oft nicht konsequent genug geahndet. Auch berichten BirdLife-Aktivisten Maltas und Zyperns immer wieder von tätlichen Angriffen von Seiten der Wilderer.

BirdLife Schweiz unterstützt die Arbeit der BirdLife-Partner in den Mittelmeerländern regelmässig finanziell. Gleichzeitig kämpft er gegen die Wilderer im eigenen Land. So werden auch in der Schweiz seit mindestens zehn Jahren Wanderfalken vergiftet, was für deren kleine Bestände verheerend ist (siehe Medienmitteilung vom 6.2.2015). Weiter hat BirdLife Schweiz erreicht, dass das Bundesgericht den Kantonen die Abschüsse geschützter Arten ohne ausreichende Begründung verbot.

Möchten Sie für Projekte gegen die Wilderei im Mittelmeerraum spenden? Informationen unter www.birdlife.org/illegal-killing
   

BirdLife Schweiz

BirdLife Schweiz hat 65'000 Mitglieder und ist der Dachverband von 18 Kantonalverbänden und 450 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Website: www.birdlife.ch

 

BirdLife International

BirdLife International ist der weltweit grösse Naturschutzverband mit 2,77 Millionen Mitgliedern und 10,8 Millionen Gönnern. Die BirdLife-Partner in 120 Ländern arbeiten gemeinsam mit einer bis 2020 geltenden Strategie auf den Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume hin. Sie betreuen 1553 Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 4,3 Millionen Hektaren. Weltweit hat BirdLife rund 12'000 Important Bird and Biodiversity Areas (IBA) ausgeschieden. BirdLife Schweiz ist Gründungsmitglied von BirdLife International und gehört weltweit zu den zehn grössten BirdLife-Partnern. Website: www.birdlife.org

 


Weitere Informationen

 


Bilder

Rotkehlchen, das an einer Leimrute qualvoll verendet.

© RSPB/BirdLife

Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden!


Wilderer stellen jedes Jahr rund um das Mittelmeer tausende von illegalen Netzen auf, um damit Zugvögel wie diesen Pirol zu fangen.

© RSPB/BirdLife

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Die gewilderten Vögel werden von der lokalen Bevölkerung oft verspiesen.

© RSPB/BirdLife

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Allain Bougrain Dubourg, der Präsident des BirdLife-Partners LPO in Frankreich, lässt einen Ortolan frei, den er in einem Käfig gefunden hatte. Die ersten gefangenen Vögel dienen oft als Lockvögel, um mit ihrem Gesang andere Artgenossen anzuziehen.

© LPO/BirdLife France

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Weitere Auskünfte

Werner Müller, Geschäftsführer BirdLife Schweiz, werner.mueller@birdlife.ch, Tel. 079 448 80 36