Stellungnahme zur Teilrevision der Jagdverordnung (JSV) - Regeln der Natur respektieren

Medienmitteilung des Schweizer Vogelschutzes SVS/BirdLife Schweiz und Pro Natura vom 13. Juli 2011

Geschützte Tierarten sollen neu geschossen werden können, wenn sie zu viel Wild fressen. Das will die Teilrevision der Jagdverordnung, deren Anhörung am 15. Juli 2011 abläuft. Aus Sicht der Naturschutzverbände Pro Natura und Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz ist das ein fataler Paradigmenwechsel. Ökologisch wichtige und geschützte Arten wie der Luchs oder der Wolf werden ohne Not zu Schädlingen diskreditiert. Ein Rückschritt ins vorletzte Jahrhundert.

Luchs, Bär oder Wolf wurden in der Schweiz zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet. Auch ihre natürlichen Beutetiere waren entweder ausgerottet (Hirsch, Steinbock) oder stark dezimiert (Reh, Gämse). Heute – nachdem sich seine Beutetierpopulationen erholt haben – kehren auch die grossen Beutegreifer zurück und bereichern unsere Natur. Trotz dieses Erfolgs will die Teilrevision der Jagdverordnung, dass bei Einbussen bei den Jagd- und Fischereiregalen geschützte Tiere aufgrund von Beuterückgängen der Jäger oder Fischer erlegt werden können. Aber: Jagd und Fischerei sind heute weitgehend Hobbies und nicht mehr Existenzsicherung für grosse Bevölkerungsteile wie vor über hundert Jahren. Die Änderung ist ein ökologisch nicht begründbarer Paradigmenwechsel im Umgang mit geschützten einheimischen Arten, die eine wichtige Funktion in unseren Lebensräumen übernehmen.

Tatsächliche Probleme mit Nutztieren können bereits mit den heutigen Regelungen gelöst werden. «Die neue Eingriffsmöglichkeit ist durch jagdliche Interessen motiviert und dient der Beruhigung der Jagenden, welche grosse Beutegreifer offenbar immer noch als Konkurrenz betrachten», sagt Mirjam Ballmer, Projektleiterin Naturschutzpolitik bei Pro Natura. Die Naturschutzverbände stellen ernüchtert fest, dass der systematisch politisch ausgeübte Druck der nutzungsorientierten Gruppierungen seine Wirkung zeigt. Die vorgeschlagene Lösung, mit welcher das natürliche Jagdverhalten einer Art zum „Schaden“ wird, ist aber der falsche Weg mit den Interessenskonflikten umzugehen.

Mehr Schutz vor Störungen – aber verbindlich
Die Teilrevision sieht auch neue Wildtierruhezonen vor. Mit diesen soll auf die zunehmenden Störungen der Wildtiere durch Freizeitaktivitäten reagiert werden. Die Naturschutzverbände begrüssen dies, fordern allerdings einen verbindlichen Zeitplan zur Umsetzung dieser Gebiete durch die Kantone. «Es braucht klar definierten einheitlichen Regeln, wie und bis wann die Wildtierruhezonen geschützt sein müssen», betont Biodiversitätsexperte Werner Müller vom SVS/BirdLife Schweiz und gibt zu bedenken: «Eine weitere Schutzgebietskategorie, deren Vollzug zu wenig gewährleistet werden kann, wäre kontraproduktiv.»
  

Änderungen am falschen Ort

2007 hatte der damalige Vorsteher des UVEK, Bundesrat Leuenberger, eine Revision des Jagdgesetzes durch das Parlament angekündigt, um den Umgang mit den grossen Beutegreifern zu regeln. Jetzt will man auf politischen Druck hin nur die Jagdverordnung durch den Bundesrat revidieren.  Der Paradigmenwechsel  – Abschüsse von geschützten Tieren bei Rückgängen bei den Jagd- und Fischereieinkünften – soll aber trotzdem realisiert werden. Die Naturschutzverbände sind überzeugt, dass eine so einschneidende Änderung des Jagdgesetzes nur über eine Gesetzesänderung mit Referendumsmöglichkeit vorgenommen werden dürfte.

 


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