Rostgänse © Michael Gerber

Neozoen und Neophyten – vom Menschen eingeführte standortfremde Arten

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Gemäss der Biodiversitäts-Konvention sind vom Menschen eingeschleppte oder eingeführte Arten die zweitwichtigste Bedrohung für die weltweite Artenvielfalt gleich nach dem Habitatsverlust. Beispiele gibt es auch bei uns in der Schweiz zuhauf: In der Pflanzenwelt sorgen Drüsiges Springkraut, Götterbaum oder Japanischer Knöterich für Probleme, da sich diese invasiven Arten unter anderem auch in Schutzgebieten stark verbreiten und dadurch standorttypische und seltene Pflanzen verdrängen. Der einheimische Flusskrebs wird durch seine eingeführten amerikanischen Verwandten (Kamberkrebs, Roter Sumpfkrebs, etc.) massiv bedrängt: Die Krebspest (eine Pilzkrankheit), die diese amerikanische Arten in Europa eingeführt haben, kann zum Verschwinden des einheimischen Flusskrebses führen. Auch sonst leben in unseren Gewässern schon heute viele eingeschleppte Tierarten, die sich massiv ausgebreitet und das Ökosystem stark verändert haben. Ein weiteres Beispiel ist das amerikanische Grauhörnchen, das sich in Grossbritannien und mittlerweile auch in Italien ausbreitet und das einheimische Eichhörnchen verdrängt.

Um die Bedeutung aufzuzeigen, die den Neobionten bei der Gefährdung der globalen Biodiversität zukommt, ist Neuseeland ein eindrückliches Beispiel: Europäer brachten während der Eroberung Zierpflanzen, Haustiere sowie Wildtiere aus ihrer alten (europäischen) Heimat mit. Dieses Zusammentreffen von seit Jahrmillionen getrennten Arten endete mit einem Desaster für die neuseeländische Biodiversität. 40% aller heimischen Landvogelarten sind in Neuseeland inzwischen ausgestorben, und im Kulturland leben kaum mehr ursprünglich ansässige Arten.

Eingeführte Vogelarten
Neben Problemen mit Pflanzen und anderen Organismengruppen bestehen in Europa auch Probleme mit eingeführten Vogelarten. Deshalb verfügen BirdLife Schweiz, seine Kantonalverbände und Landesorganisationen seit 2003 über ein Positionspapier zu ausgesetzten Vogelarten.

Natürlich einwandernde Tiere tolerieren
Wichtig ist, dass klar unterschieden wird, ob eine neu auftretende Art von sich aus auf natürliche Art und Weise eingewandert ist oder ob sie vom Menschen künstlich ausgesetzt wurde. Der erste Fall ist ein natürlicher Prozess, der toleriert werden muss, auch wenn gewisse Arten nicht von allen gleich gern gesehen werden. Wird aber eine neue Art von Menschen eingeführt oder entkommt sie aus Gefangenschaft, so verstösst dies gegen die eidgenössische Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JSV) und muss verfolgt werden.

Nicht warten, bis es zu spät ist
Zwar bereitet nicht jede eingeschleppte oder ausgesetzte Art Probleme. Verbreitet sich eine solche Art aber plötzlich sehr stark, ist es oft bereits zu spät für ein Eingreifen. Es ist daher bei potenziell invasiven Neozoen und Neophyten besser, sofort zu handeln und eine Ausbreitung zu verhindern. Zudem gibt es Arten, bei denen internationale Aktionspläne ein Vorgehen auch bei wenigen Individuen fordern (s. unten, Schwarzkopfruderente).

Nationale Strategie
Seit 2016 existiert in der Schweiz eine nationale Strategie zum Umgang mit invasiven gebietsfremden Arten. Sie stützt sich auf nationale Zielvorgaben und internationale Verpflichtungen und zeigt die erforderlichen Massnahmen auf.


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Fachbegriffe

Neophyten
Nichteinheimische Pflanzen; Standortfremde Pflanzen, die nach 1492 vom Menschen in ein neues Gebiet eingeführt wurden.

Neozoen
Nichteinheimische Tiere; Standortfremde Tiere, die nach 1492 vom Menschen in ein neues Gebiet eingeführt wurden.

Neobionten
Nichteinheimische Arten; Überbegriff, der alle Neozoen und Neophyten zusammenfasst. Neobionten sind entsprechend alle Lebewesen, die nach 1492 vom Menschen in neue Gebiete eingeführt wurden.

Invasive Art
Eine invasive Art ist eine Art, die sich in Gebieten, die sie nicht auf natürliche Weise erreicht hat, stark vermehrt und ausbreitet. Invasive Arten sind durch den Menschen eingeführt (Neophyten, Neozoen). Nicht alle Neophyten und Neozoen müssen aber invasiv sein.