Klimawandel vergrössert das Aussterberisiko vieler Vogelarten

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 1.12.2015

Ein neuer wissenschaftlicher Bericht von BirdLife International und der National Audubon Society zeigt, welchen Einfluss der Klimawandel bereits auf die Vögel hat – und welches die Folgen in Zukunft sein werden, wenn wir die Klimaänderung nicht stoppen.

Die Vögel gehören zu den am besten erforschten Organismen. Dies macht sie zu guten Botschaftern, die uns viel über den Zustand der Natur verraten. Der neue 76-seitige Bericht „The Messengers“ zeigt auf, was uns die Vögel über den Klimawandel erzählen. Der Bericht basiert auf Hunderten von wissenschaftlichen Artikeln aus der ganzen Welt. Gleichzeitig vereinigt er zahlreiche Beispiele von Lösungsansätzen. Diese zeigen, was zu tun ist, damit die Natur besser mit dem Klimawandel zurechtkommt. Der Bericht wurde von BirdLife International und von der bekannten National Audubon Society – dem BirdLife-Partner in den USA – herausgegeben.

Klare und dringende Botschaft

Patricia Zurita, CEO von BirdLife International, und David Yarnold, Präsident und CEO der National Audubon Society, schreiben im Vorwort: “Nie zuvor war die Botschaft der Vögel so klar und so dringend: Der Klimawandel ist hier und er ist eine Bedrohung für das Überleben der Vögel und der Menschen."

Der Bericht identifiziert aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse diefolgenden Auswirkungen des Klimawandels auf die Vögel:

- Der Klimawandel wird bei den Vögeln zu doppelt so vielen Verlierern wie Gewinnern führen.

In Afrika zum Beispiel werden aufgrund des Klimawandels über 62 Prozent der Arten zukünftig mit einem kleineren Verbreitungsgebiet oder Bestand auskommen müssen, während nur 38 Prozent profitieren werden. Noch schlimmer ist es in Asien (88 versus 12 Prozent) oder Europa (78 versus 32 Prozent). Dass der Klimawandel bereits einen Einfluss hat, zeigt eine andere aktuelle Studie: 24 Prozent von 570 untersuchten Vogelarten leiden bereits unter den Auswirkungen des Klimawandels, während nur 13 Prozent von den erhöhten Temperaturen profitieren.

- Viele Vogelarten können sich dem Klimawandel nicht schnell genug anpassen.

Eine Studie zeigt: Nehmen die Temperaturen weiter zu, werden über 2300 Arten aufgrund ihrer Verhaltensweisen oder ihrer Verbreitung besonders stark zu kämpfen haben, weil sie sich nicht schnell genug anpassen können. Das entspricht fast einem Viertel aller Vogelarten. Weitere 1496 Arten können sich vermutlich besser anpassen, haben aber ebenfalls ein Risiko, nicht mit dem Klimawandel klarzukommen.

- Die meisten Vogelarten werden zukünftig mit einem kleineren Verbreitungsgebiet auskommen müssen, was ihr Aussterberisiko vergrössert.

Schon jetzt zeigt sich, dass in Europa und Nordamerika viele Arten ihr Verbreitungsgebiet nach Norden verschieben. Dies wird in Zukunft zunehmend zu einem Problem, wenn wir den Klimawandel nicht bremsen können: Laut einer Studie werden beispielsweise 53 Prozent aller Vogelarten Nordamerikas bis ins Jahr 2100 über die Hälfte ihres Verbreitungsgebietes einbüssen. Ebenfalls wandern die Arten in den Bergen immer weiter nach oben: In Nordamerika haben laut einer Studie bereits 88 Prozent der Arten ihr Verbreitungsgebiet nach oben verschoben, während nur 12 Prozent in die andere Richtung wanderten.

- Ökologische Gemeinschaften und Interaktionen zwischen den Arten werden gestört.

Bei mehreren Arten wie dem Bairdstrandläufer oder dem Trauerschnäpper wurde schon gezeigt, dass die Vögel zunehmend Mühe haben, ihre Jungen zu ernähren. Der Grund ist, dass die Vögel zu spät in ihren Brutgebieten eintreffen – dann nämlich, wenn die maximale Verfügbarkeit der Nahrungsquellen bereits vorüber ist. Ebenfalls Mühe bekunden zum Beispiel die Adéliepinguine auf den Südlichen Shetlandinseln: Aufgrund des schrumpfenden Meereises gelangen sie weniger gut an die Nahrungsgründe. Zudem sinken die Krill-Bestände aufgrund des Klimawandels.

- Aktuelle Bedrohungen wie extreme Wetterlagen oder Krankheiten nehmen zu.

Unter Extremwetterlagen wie langen Nässe- oder Dürreperioden werden neben dem Menschen auch die Vögel leiden.

Obwohl der Bericht all diese Bedrohungen aufzählt, enthält er auch eine starke Botschaft der Hoffnung – der Hoffnung nämlich, dass sich die Führer der Welt endlich einigen, um ein globales Klimaschutzabkommen abzuschliessen.

Der Bericht beschreibt unter anderem folgende Massnahmen zur Verminderung des Klimawandels:
• Förderung der erneuerbaren Energien ohne Zerstörung von Naturwerten,
• Schützen und Wiederherstellen von kohlenstoffreichen Ökosystemen wie zum Beispiel Mooren,
• Schutz, Management und Vernetzung von wichtigen Naturgebieten, ohne die sich die Arten nicht an den Klimawandel anpassen können,
• Verwenden von Vögeln als Botschafter, um Menschen die Zusammenhänge zu erklären und sie zum Handeln zu bewegen.

Dr. Stuart Butchart, der wissenschaftliche Leiter bei BirdLife International und Hauptautor des Reports, sagt: „Der Bericht bringt zum ersten Mal alle wissenschaftlichen Fakten zusammen, die zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel bereits auf die Vögel hat.“

Edward Perry, der Koordinator der Klimawandel-Politik bei BirdLife International und Mitautor der Studie, ergänzt: „Die Natur selber kann bei der Bekämpfung des Klimawandels eine entscheidende Rolle spielen. Gesunde Ökosysteme können riesige Mengen an Kohlenstoff speichern und den Menschen als Puffer vor manchen Gefahren schützen, wie etwa vor Fluten, Dürren oder anderen Klimaauswirkungen. Die BirdLife-Gemeinschaft mit ihren Partnern in 120 Ländern rund um den Globus setzt sich deshalb von den tropischen Wäldern Sumatras bis zu den Trockengebieten des Sahels dafür ein, dass die Ökosysteme erhalten bleiben und dass Lösungen gegen den Klimawandel gefunden werden.“
  

BirdLife Schweiz

Der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz hat 63'000 Mitglieder und ist der Dachverband von 20 Kantonalverbänden und 450 lokalen Natur- und Vogelschutzvereinen. Er setzt sich als vielseitiger Naturschutzverband für die Erhaltung und Förderung der Natur ein, insbesondere auch für die Vögel und ihre Lebensräume. Er führt Projekte zum Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume in der Schweiz und weltweit durch. Ebenso engagiert er sich in der Ausbildung und mit seiner Zeitschrift Ornis und den beiden Naturschutzzentren in La Sauge am Neuenburgersee und im Neeracherried im Kanton Zürich in der Motivation einer breiten Bevölkerung für den Naturschutz. Website: www.birdlife.ch

 

BirdLife International

BirdLife International ist der weltweit grösse Naturschutzverband mit 2,77 Millionen Mitgliedern und 10,8 Millionen Gönnern. Die BirdLife-Partner in 120 Ländern arbeiten gemeinsam mit einer bis 2020 geltenden Strategie auf den Schutz der Vögel und ihrer Lebensräume hin. Sie betreuen 1553 Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von 4,3 Millionen Hektaren. Weltweit hat BirdLife rund 12'000 Important Bird and Biodiversity Areas (IBA) ausgeschieden. BirdLife Schweiz ist Gründungsmitglied von BirdLife International und gehört weltweit zu den zehn grössten BirdLife-Partnern. Website: www.birdlife.org

 


Weitere Informationen

 


Bilder

Aufgrund des Klimawandels kann die Gabelracke (Coracias caudatus) bis 2085 nur noch 54% ihres Lebensraumes besiedeln.

© Anthony Goldman

Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden!


Der Bestand des Papageitauchers ist in nur drei Generationen um 50 Prozent zurückgegangen. Der Klimawandel ist eine der Bedrohungen, da er sich negativ auf die Fischbestände im Jagdgebiet der Vogelart auswirkt.

© KEVIN VANDE VUSSE/AUDUBON PHOTOGRAPHY AWARDS

Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden!


Der Mandschurenkranich (Grus japonensis) gehört zu den am stärksten bedrohten Vogelarten der Welt.

© DAVID COURTENAY/AUDUBON PHOTOGRAPHY AWARDS

Das Bild darf nur in Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung und unter korrekter Angabe des Fotografen verwendet werden!

 


Weitere Auskünfte

Stefan Bachmann, BirdLife Schweiz, stefan.bachmann@birdlife.ch, Tel. 044 457 70 23
   


Medienmitteilung downloaden