"Lex Bodenmann": zu wenig ambitiös für den Klimaschutz, schädlich für die Biodiversität

Medienmitteilung von BirdLife Schweiz vom 26.9.2022

Der sogenannte Solar-Sprint, der heute vom Parlament verabschiedet wurde, ist leider unausgewogen ausgefallen. Er droht einerseits zu einer Verschärfung der Biodiversitätskrise beizutragen und andererseits die Klimakrise zu wenig zu mildern. Der dringend notwendige – und naturverträgliche – Solarausbau auf bestehenden Gebäuden und Infrastrukturen wird zu wenig gefördert. Im Gegensatz dazu werden bisher unverbaute naturnahe Lebensräume für Photovoltaik freigegeben. Der panikartige Entscheid ist rechtsstaatlich fragwürdig und geht unnötige Risiken für die Biodiversität ein.

Intakte Ökosysteme in der Klimakrise dringend benötigt
Intakte Ökosysteme erbringen zahlreiche für die Menschen lebenswichtige Ökosystemleistungen und speichern CO2. Sie tragen damit dazu bei, den Klimawandel zu mildern und die Auswirkungen des Klimawandels wie häufigeren Starkregen, Dürre oder Erosion zu verringern. Unsere Ökosysteme und die Biodiversität sind jedoch aufgrund mangelnder Schutzmassnahmen und rücksichtsloser Nutzung weltweit und ganz besonders in der Schweiz gefährdet.

Solarausbau auf bestehenden Gebäuden und Infrastrukturen kaum gefördert
Der Ausbau Erneuerbarer Energien und ganz besonders der Solarenergie ist wichtig. Immerhin schreibt nun das Parlament eine Solarpflicht für grossflächige Neubauten ins Gesetz. Und immerhin wird der Bund in die Pflicht genommen, seine Infrastrukturen für die Sonnenenergie zu nutzen. Die Regelung lässt jedoch rund 70 % der Dächer sowie einen wichtigen Teil der Infrastrukturen – nämlich die kantonalen und kommunalen – aus. Das grosse Potenzial für Photovoltaik von 82 TWh Jahresproduktion auf bestehenden Gebäuden und Infrastrukturen wird somit weiterhin zu einem grossen Teil brach liegen.

Rechtsstaatlich fragwürdig
Ein dringliches Bundesgesetz ist für die Lösung einer Notlage vorgesehen. Wenn im Bereich der Stromversorgung tatsächlich ein Blackout droht, so sollten jetzt sofortige Massnahmen zur Reduktion der Energieverschwendung getroffen werden. Diese könnten unmittelbar wirken und damit eine allfällige Notlage im kommenden Winter tatsächlich beheben oder mildern. Die alpinen Solaranlagen hingegen, die vom vorliegenden Gesetz profitieren werden, können in den nächsten beiden Wintern realistischerweise nicht am Netz sein und eine mögliche Notlage damit nicht beheben. Damit verkommt die möglicherweise drohende Notlage zu einer Ausrede für ein überhastet beschlossenes, unausgewogenes Gesetz.

Entscheidende Standortwahl
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist wichtig. Die Standortwahl ist jedoch entscheidend, um die Biodiversitätskrise nicht noch weiter zu verschärfen. Durch die Streichung der Planungspflicht wird gerade die Abwägung verschiedener Standorte und eine gute Standortwahl verhindert.

Die Wissenschaft warnt vor der Klima- und der Biodiversitätskrise und rät dringend dazu, die beiden Krisen gemeinsam anzugehen. In Bezug auf Photovoltaik muss dies bedeuten, das konfliktlose, grosse Potenzial auf bestehenden Gebäuden und Infrastrukturen so vollständig wie möglich zu nutzen und für die in geringem Umfang notwendigen Freiflächen-Anlagen in alpinen Lagen gezielt diejenigen Standorte zu identifizieren, die der Biodiversität und den Ökosystemen am wenigsten schaden.
  

BirdLife Schweiz: gemeinsam für die Biodiversität – lokal bis weltweit

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