Siedlungsraum

Mehr Natur im Siedlungsraum

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Konkrete Anleitungen für die Aufwertung des Siedlungsraumes und die Artenförderung rund ums Haus finden Sie hier:


Einheimische Bäume und Hecken

Sträucher, Hecken und grosse Bäume prägen ein Quartier nachhaltig. Sie bilden lauschige Ecken, werden als Abgrenzungen verwendet und bringen einen Hauch Natur selbst in Grossstädte. Sie sind Wind- und Sichtschutz, Staubfänger und tragen mit ihrer Blattmasse zur Sauerstoffproduktion bei. Eine 25 m hohe Buche hat eine Gesamtblattfläche von ca. 1600 Quadratmetern und setzt täglich rund 7000 Liter Sauerstoff frei, den Tagesbedarf von rund 50 Menschen.

Nur einheimische Sträucher und Bäume bieten vielen Tieren Lebensraum und Nahrung. So gedeihen über 160 Insektenarten auf einem Weissdorn, im dichten Schwarzdorn brütet die Mönchsgrasmücke, der Holunder liefert zahlreichen Zugvögeln Beerennahrung im Herbst und im Winter picken Amseln die roten Beeren der Vogelbeere. Die Beeren setzen noch in den Winter hinein Farbakzente, sofern sie nicht zu feinen Konfitüren oder Sirups verarbeitet wurden.

Grosse Bäume brauchen Raum, der bei der Quartier- oder Gartengestaltung einberechnet werden muss. Kopfweiden lassen sich hingegen regelmässig zurück schneiden. Hecken sind vor allem dann wertvoll, wenn sie eine Vielfalt an einheimischen Sträuchern aufweisen und wenn Ast- und Laubhaufen darin angelegt werden. Sie sollen selektiv und abschnittsweise gepflegt werden. Ein jährlicher Radikalschnitt in eine Viereck- oder Rundform ist der Tod einer Naturhecke.

  


Blumenwiesen anstatt Einheitsrasengrün

Rasenflächen bedecken heute den grössten Teil der Gebäudeumgebung. Alle 14 Tage gemäht, bilden sie einen grünen, artenarmen, eintönigen Teppich. Wieviel spannender ist da eine Blumenwiese oder ein Blumenrasen! Ob feucht oder trocken, hell oder schattig, an fast allen Standorten wächst eine Wiese mit speziell angepassten Blumenarten. Eines ist allen Blumenwiesen jedoch gemeinsam: sie gedeihen am besten auf mageren Böden. Humus ist in der Regel der grösste Feind einer artenreichen Blumenwiese. Auf mageren Böden dauert es zwar 2-3 Jahre bis eine dichtere Wiese entsteht, dafür blüht sie nicht nur in den ersten Jahren wie auf Humus. Daher ist es sinnvoll, wenn man bei der Anlage einer Blumenwiese zuerst eine 20-30 cm dicke Schicht aus Sand und Kies einbringt und die Pflanzen im April/Mai darauf aussäht. Viele Blumenpflanzen blühen im ersten Jahr noch nicht, sondern bilden erst einmal eine Blattrosette.

Blumenwiesen im Kleinen lassen sich auch auf jedem Balkon anlegen. Es braucht dazu nur Töpfe und Blumenkistchen mit einheimischen Pflanzen.

Bei jeder Blumenwiese muss auf die Herkunft des Saatguts geachtet werden. Am besten geeignet sind Mischungen von Samenhändlern wie Fenaco und Schweizer Samen.

  


Pfützen, Teiche, Bäche

Wasser ist auch im Siedlungsraum ein erlebnisreiches Element: offene Bäche mit breiten Grünstreifen, grössere Teiche in Siedlungen, Schwimmteiche in Gärten, Versickerungsmulden, flache Gräben entlang von Wegen, feuchte Stellen an schattigen Lagen, ein kleines Vogelbad an einer übersichtlichen Stelle.

Bäche, Gräben und kleinere Flüsse wurden lange Zeit im Siedlungsraum eingedohlt. Dabei bilden sie mit ihrem naturnahen Uferbereich grüne Adern durch ein Quartier, die sowohl für die Biodiversität wie auch für den Menschen Lebens- und Erholungsraum bieten. Sie sollten bei Gestaltungsplänen für Quartiere bewusst einbezogen werden als Grünräume.

Teiche und Schwimmteiche können sowohl in grossen Siedlungen wie auch im Privatgarten angelegt werden. Wichtig ist, dass sie im Halbschatten liegen, damit sie im Sommer nicht zu heiss werden. Laubbäume sollten aber mindestens eine Baumlänge davon entfernt sein, so dass das Laub nicht in die Teiche fällt. Breite, flache Ufer sind ein begehrter Lebensraum: für Pflanzen, Libellenlarven, Wasserinsekten, Kaulquappen. Sie schützen auch vor Unfällen. Bei Teichen ist nährstoffarmes Material im Teich und der Umgebung wichtig, da sich sonst ein starkes Algenwachstum entwickeln kann. Während für Teiche oft eine Folie für die Rückhaltung des Wassers benötigt wird, lassen sich wechselfeuchte Mulden, die zeitweise durch versickerndes Regenwasser gefüllt werden, auch auf tonigen Erden erstellen. Bei der Bepflanzung von Teichen ist Zurückhaltung angebracht. Viele Pflanzen wie Schilf, Rohr- und Igelkolben lassen einen Teich in wenigen Jahren zuwachsen. Tiere, insbesondere Amphibien, sollten nicht eingesetzt werden. Häufig wandern sie von selber ein.

  


Ruderalflächen, Verkehrsteiler, Böschungen

Ruderalflächen sind kiesig-sandige, magere, lückig bewachsene Standorte an sonnigen Stellen. Sie können im Garten, an Strassenböschungen, auf Verkehrsteilern oder anstelle von Blumenrabatten eingerichtet werden. Eine 20-40 cm dicke kiesige Schicht oder magere Böden reichen als Grundlage. Oft kann auch mageres Material vom Aushub einer Baute verwendet werden.

Hier leben vor allem Sonnenanbeter, die in einer dichten Blumenwiese zu stark der Konkurrenz durch andere Pflanzen ausgesetzt sind. Die blaue Wegwarte, das rosarote Seifenkraut, das gelbe Johanniskraut oder der rote Mohn blühen mit violettem Natternkopf und sonnengelber Königskerze um die Wette. Die Pflanzen bilden die Grundlage für ein Wildbienenparadies. Diese graben gerne im lockeren Boden ihren Bau.

Ruderalflächen sind Pionierstandorte, die sich von Jahr zu Jahr verändern, indem sie immer stärker zuwachsen oder die eine oder andere Pflanzenart zu dominieren beginnt. Entweder gestaltet man in der Nachbarschaft eine neue Fläche oder man entfernt den Bewuchs periodisch. Aufkommende Neophyten sollten sofort entfernt werden.
 


Ast- und Steinhaufen, Altgras, Holzstrünke

Was wird doch im Herbst in unseren Gärten geschnitten und gehäckselt, gerecht und geblasen! Dabei gäbe es oft einfache Lösungen: Äste und Laub lassen sich zu Haufen aufschichten und bilden wertvolle Kleinstrukturen, in welchen Amphibien, Igel und Blindschleichen überwintern können. Im nächsten Sommer brüten in den Asthaufen vielleicht auch Rotkehlchen und Zaunkönig.

Laub von einheimischen Bäumen bildet eine gute Abdeckschicht im Garten und wird über den Winter von den Regenwürmern und weiteren Bodentieren gefressen und zu Humus verarbeitet. Werden Bäume und Büsche mit dem nötigen Abstand zu Nachbarsgrenzen und Wegen gesetzt, müssen sie auch nicht alljährlich geschnitten werden. Bis zum nächsten Schnitt in einigen Jahren ist der alte Asthaufen schon fast verrottet.

Steinhaufen an sonnigen Lagen bieten Eidechsen Unterschlupf. Erstaunlich ist auch, was sich unter einem lockeren Brett im Garten verbirgt. Für Kinder ist es jedes Mal ein Erlebnis zu schauen, was alles forthuscht, wenn das Brett gedreht wird. Dickeres Totholz und Holzstrünke an sonnigen Standorten sind Lebensraum für viele Käferlarven und Insekten. Samenstände von Wildpflanzen sollen im Herbst nicht abgeschnitten werden. Die Sämereien werden im Herbst/Winter gerne von Vögeln gefressen. Jedes Jahr kann auch eine andere Ecke der Blumenwiese über
den Winter stehen gelassen werden. Schmetterlinge und weitere Insekten überwintern oft als Ei, Raupe oder in einem Kokon als Jungtiere in solchen Strukturen.

  


Dachbegrünung

Flachdächer sowie Dächer aller Art mit einer Neigung unter 8 Grad eignen sich hervorragend für eine Begrünung. Doch sind auch Begrünungen bei Dachneigungen bis zu 45 Grad möglich, wenn spezielle Schubsicherungen gegen das Abrutschen eingebaut werden.

Von der Trockenwiese über ein Feuchtgebiet bis zur Hecke kann alles beim entsprechenden Dachaufbau gedeihen. Wichtig ist, dass die Art der Begrünung beim Bau eingeplant und die Dachkonstruktion darauf abgestimmt wird. Nachträgliche Begrünungen sind möglich, die Wahl des Lebensraumes ist dann aber von der Statik des Daches her stark eingeschränkt.

Mit unterschiedlichen Substraten, Schichtdicken und Begrünungen mit einheimischen Pflanzen können vielfältige Dachlandschaften gestaltet werden, dort wo heute meist ödes Grau herrscht. Extensivbegrünungen weisen einen dünnen
(10 cm) Schichtaufbau auf, brauchen wenig Pflege und sind wertvolle Lebensräume für seltene trockenheitsresistente Pflanzenarten und die dazugehörige Fauna. Intensivbegrünungen ab einer Schichtdicke von circa 15 cm brauchen einen stärkeren Pflegeaufwand, können aber auch je nach Dach als Ersatzgarten genutzt werden.

Die Dachlandschaften unserer Siedlungen haben ein riesiges Potenzial für neue Lebensräume und sorgen mit einer Begrünung gleichzeitig für einen Temperaturausgleich, einen erhöhten Schallschutz und ein verbessertes Innenklima sowie für einen Schutz der Dachhaut.

  


Fassadenbegrünung

Fassadenpflanzen kühlen ein Haus im Sommer, schützen die Fassade vor Wind und Regen und binden den Strassenstaub. Sie führen rasch zu einem heimeligen, naturnahen Ambiente im Siedlungsraum und können an jeder Hausmauer aber auch an Stützmauern und Zäunen gesetzt werden. Sie sind eine gute Alternative, wenn sonst wenig Platz vorhanden ist. Begrünte Wände dienen Vögeln als Schlaf- oder Brutplatz, Bienen, Hummeln und Schwebfliegen nutzen deren Blütenangebot.

Benötigt wird mindestens ein halber Quadratmeter offener Boden mit guter, tiefreichender Erde, wo die Pflanzen wurzeln können, und je nach Pflanzenart eine Kletterhilfe. Selbsthaftende Pflanzen wie Efeu oder Wilder Wein sollten nicht an Holzhäusern oder an Häusern mit defekten Verputzen montiert werden, da ihre Ranken in Ritzen eindringen und diese aufsprengen können. Schlingende Arten wie Glyzinien, wilder Hopfen, Geissblattarten oder Knöterich klettern an senkrechten Drähten oder Stangen im Abstand von 30 cm bis 1 m empor. Rankende Arten (Weinrebe, Wildrosen oder Waldrebenarten) oder Obstspaliere brauchen Gitter oder horizontale Drähte im Abstand von 20 cm. Die Entfernung der Kletterhilfe zur Wand beträgt ebenfalls circa 20 cm. Wie bei allen Pflanzenarten sollen auch bei den Fassadenbegrünern zuerst ihre Standortansprüche abgeklärt werden. Für schattige Wände eignen sich vor allem Efeu oder Knöterich.

  


Trockenmauern

In den Ritzen und Spalten einer Trockenmauer sucht eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten Schutz und Lebensraum. Wichtig ist daher, dass beim Bau einer Trockenmauer Hohlräume in verschiedenen Grössen entstehen ohne dass die Stabilität der Mauer darunter leidet.

Erdkröten, Molche, Eidechsen und Blindschleichen verkriechen sich gerne in den kühlen Spalten. Hummeln und Wildbienen finden Unterschlupf, ebenso Käfer und Asseln. Mauerbienen hängen ihre Mörtelnester an die Steine. In feuchteren Lagen gedeihen in den Ritzen, wo sich Humus angesammelt hat, auch Farne und das Zimbelkraut. An sonnigen, heissen Mauern wachsen verschiedene Mauerpfeffer.

Trockenmauern werden aus flachen Steinen aufgeschichtet. Grosse Steine dienen als Fundament, das in der Breite rund die Hälfte der Höhe der Mauer beträgt. Kleinere Steine werden versetzt darauf geschichtet und zwar so, dass jeder Stein ohne Wackeln aufliegt. Wichtig ist eine gute Drainagenschicht aus Kies und Sand hinter und unter der Trockenmauer. Zur Stabilität der Mauer tragen lange Steine bei, die als Binder in den hinterfüllten Bereich greifen. Die Mauerkrone soll mit grossen Platten abgedeckt werden. Trockenmauern werden zur Stütze von Gartenwegen, Terrassen oder Böschungen gebraucht. Oft werden sie mit einer Neigung von 10-15 Grad nach hinten gebaut, da sie beim Setzen der Mauer so besser stabilisiert bleiben.

  


Lebendige Wege und Plätze

Terrassen, Wege, Hauseingänge, Zufahrten und Höfe lassen sich ökologisch wertvoller und optisch anspruchsvoller gestalten, wenn man einen durchlässigen bewuchsfähigen Belag einbaut. Auch bei Strassen und Plätzen soll so wenig Versiegelung wie möglich und nur soviel Fahrkomfort wie wirklich nötig eingeplant werden. Zahlreiche Winkel und Räume können so von einer offenen Bodenstruktur profitieren.

Betonsteine mit Distanznocken, ein weitfugiger Natursteinbelag, Schotterrasen, Kiesbeläge und Rasengittersteine oder gelegentlich einfach ein Stück offener Boden sind abwechslungsreiche und für Tiere und Pflanzen interessante Alternativen zum schwarzen, heissen und undurchlässigen Teer.

Sie ermöglichen auch das Versickern des Regenwassers und sparen dadurch Kosten. Eine ganze Reihe von Pflanzen hat sich an diese spezielle Situation gewöhnt wie ihre Namen verraten: Wegerich, Wegwarte, Beifuss. An weniger begangenen Stellen wachsen Eisenkraut, Leinkraut, Natternkopf, Wiesensalbei und Hirtentäschel und viele Ruderalpflanzen mehr, welche mit den heissen und mageren Verhältnissen sowie einem gelegentlichen Tritt gut zu Recht kommen. Sperlinge können ein Sandbad nehmen, Regenwürmer ertrinken bei Regen nicht mehr auf dem verschlossenen Boden und Kleintiere wie Käfer überqueren solche Flächen eher als den Asphalt.
  


Niststeine und andere Nisthilfen

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, um die Wohnungsnot von Vögeln und Fledermäusen an Gebäuden zu lindern. Dies ist dringend nötig, da an modernen Gebäuden kaum mehr Nischen und Höhlen zum Brüten vorhanden sind.

Bereits beim Bau von Häusern können Niststeine eingebaut werden. Niststeine sind Backsteine, die eine Nisthöhle beinhalten. Es gibt sie für Meisen und Sperlinge, für Mauer- und Alpensegler, Dohlen und Turmfalke. Für Halbhöhlenbrüter wie Bachstelze und Hausrotschwanz wie auch für Fledermäuse existieren ebenfalls spezifische Niststeine.

Bei Häusern mit Satteldächern eignet sich vor allem der Traufbereich für vielfältige Nistplätze im Gesims zwischen den Sparren und über dem Mauerwerk. Jederzeit können auch konventionelle Nistkästen am Haus oder an Bäumen in der Umgebung Richtung Osten oder Norden aufgehängt werden – auch für Fledermäuse.

Wildbienen nisten gerne in Wildbienenhäusern. Diese lassen sich einfach herstellen mit Holzblöcken, in welche Löcher gebohrt werden, oder mit Bündeln von hohlen Stängeln. Wildbienenhäuser sollten an trockenen Standorten aufgestellt werden.

 


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